Eine neue Ganztagsschule - flexibel und dennoch gebunden

1. Was unterscheidet das Ganztagsschulkonzept des Goethe-Gymnasiums von den anderen Gymnasien in Hamburg?

2. Warum mehr Ganztagsschule als sonst an den Gymnasien üblich?

3. Wie sieht die zeitliche Inanspruchnahme der Kinder und Jugendlichen am Goethe-Gymnasium aus?

4. Wie sieht das inhaltliche Konzept dieses zusätzlichen Angebots aus?


5. Wie sehen die Stundenpläne der Kinder und Jugendlichen aus?

6. Wie sehen die finanziellen Bedingungen einer solchen Ganztagsschule aus?


1. Was unterscheidet das Ganztagsschulkonzept des Goethe-Gymnasiums von den anderen Gymnasien in Hamburg?

Alle Gymnasien wurden im Rahmen der Einführung der 8jährigen Schulzeit bis zum Abitur formal zu Ganztagsschulen umgewandelt, damit Hamburg die Bundesmittel (‚Bulmahn-Gelder’) zum Ausbau der Einrichtungen für das Mittagessen erhalten konnte. Die Ganztagsschule findet an diesen Schulen in der Regel nur im Umfang der Unterrichtszeiterhöhung an zwei bis drei Nachmittagen statt, zusätzliche Angebote sind auf Grund der knappen Personalmittel kaum möglich.
Das Goethe-Gymnasium ist hingegen eine gebundene Ganztagsschule, die eine Verzahnung von Unterricht, selbstständigem Arbeiten mit Hilfe und unter Beaufsichtigung (‚Hausaufgaben’) sowie Elementen der Freizeitpädagogik (sportliche, musische und Hobbykurse etc.) anbietet, um ein abwechselungsreiches Lernarrangement zu schaffen.


2. Warum mehr Ganztagsschule als sonst an den Gymnasien üblich?

- Nur noch etwa 15-20% der SchülerInnen eines Jahrgangs haben eine häusliche Situation, in der eine hinreichende Betreuung und Förderung der Kinder im häuslichen Umfeld stattfindet kann. Dies liegt zum übergroßen Teil an der Berufstätigkeit der Eltern bzw. daran, dass die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen bei den zuhause anwesenden Personen nicht im ausreichenden Maße vorhanden sind.

- Für externe Hilfen (kommerzielle Nachhilfe o.ä.) fehlt in sehr vielen Fällen das Geld. Bei spezifischen Lernproblemen fehlt oft auch die Möglichkeit der häuslichen Diagnose, z.T. fehlt auch grundsätzlich die Einsicht für die Notwendigkeit und Chancen einer zusätzlichen Hilfe.

- Selbiges gilt für jegliche Form von bereichernden Angeboten, wie die Mitarbeit in Jugendgruppen, Sportvereinen, Instrumentalunterricht etc., auf Grund der häuslichen Situation oder auch der verstärkten Inanspruchnahme bei zwei Tagen Ganztagsschule wie an anderen Gymnasien unterbleiben solche Zusatzangebote für die Kinder.

- Das Ergebnis all dieser Punkte ist häufig, dass viele Kinder und Jugendliche einem relativ wahllosen Medienkonsum überantwortet werden.

Das Goethe-Gymnasium will mit seinem Angebot einerseits eine Weiterentwicklung von begabten Kindern in bestimmten Bereichen und andererseits gezielt eine Förderung von SchülerInnen mit partiellen Lernschwierigkeiten erreichen. Darüber hinaus versuchen wir durch Projektangebote z.B. im musikalischen, darstellerischen, naturwissenschaftlichen oder sportlichen Bereich (Schulmannschaften) den Kindern und Jugendlichen persönlichkeitsstärkende Identifikationsmöglichkeiten und Erfolge zu vermitteln, die sich positiv auf die gesamte Lernbiografie auswirken.


3. Wie sieht die zeitliche Inanspruchnahme der Kinder und Jugendlichen am Goethe-Gymnasium aus?

Zunächst haben alle den Unterricht, der laut Stundentafel gegeben werden muss, dass sind in den Klassen 5/6 insgesamt 31 Wochenstunden plus eine zusätzliche Stunde Studienzeit (‚Hausaufgaben’) und in den Klassen 7-10 insgesamt 34 Wochenstunden, bei Wahl einer 3. Fremdsprache ab Klasse 8 sind es 35 Stunden. Als besonderes Kennzeichen des Goethe-Gymnasiums ist dabei in allen Klassenstufen eine eigenständige Klassenratsstunde enthalten, die in Klasse 5/6 von beiden Klassenlehrkräften im Team gegeben werden. Darüber hinaus haben alle von Kl. 5-11 an vier Tagen (Mo-Do) eine Mittagspause. Zusätzlich zum Unterricht sind die SchülerInnen verpflichtet, an besonderen Wahlangeboten teilzunehmen, in den Klas-sen 5/6 sind dies 1-2 Stunden (bei besonderem Förderbedarf), in den Klassen 7-10 sind dies 2-3 Stunden.


4. Wie sieht das inhaltliche Konzept dieses zusätzlichen Angebots aus?

Die Ganztagsschule am Goethe-Gymnasium versucht, Bereicherung und Förderung sowie Bewegung, Kreativität und Engagement in einem zuverlässigen und dennoch flexiblen Modell zu verbinden. Mit den knappen Mitteln, die die Politik den Schulen bewilligt (s.u.) heißt dies im Einzelnen:


...... - Kursprogramm für die Mittelstufe:
Alle SchülerInnen sind gehalten, mindestens 37 Wochenstunden zu absolvieren. Dieses wird erreicht durch 34 oder (bei Wahl der dritten Fremdsprache 35) Unterrichtsstunden sowie durch Belegung einer entsprechend verbleibenden Stundenzahl in Form von frei wählbaren Kursen.

- Kurs- und Betreuungsprogramm für die Beobachtungstufe:
Die Hinführung auf die Ganztagsschule in der Beobachtungsstufe erfolgt schrittweise, die SchülerInnen sind verpflichtet 33, bei größerem Förderbedarf auch 34 Wochenstunden und zusätzlich 4 Stunden in der Mittagspause an der Schule zu verbleiben.
Auch hier gibt es frei wählbare Kurse.

- Anrechnung der Stunden für schulübergreifende Ensembles im Musikbereich:
Auf die Belegverpflichtung in den Klassen 5-10 werden die Stunden in den stufenbezogenen oder jahrgangsübergreifenden Musikensembles angerechnet. Da diese mitunter am frühen Abend (z.B. ab 18.00 Uhr) stattfinden, haben diese SchülerInnen dementsprechend den Nachmittag teilweise frei.

- Anrechnung von Instrumentalunterricht:
Die Schule organisiert Instrumentalunterricht in den Räumen der Schule, verleiht dazu im Bedarfsfall die Instrumente und organisiert Zusatzangebote (Orchester für Minis) zur Integration des Nachwuchses in die Ensemblearbeit. Der Einzelunterricht wird von den Eltern finanziert, im extremen Bedarfsfall ist ein Zuschuss durch Schulverein oder Stiftungen möglich.

- Anrechnung für die Zugehörigkeit bei Schulmannschaften:
Ähnlich wie im Musikbereich werden Schulmannschaften regelmäßige Trainingszeiten außerhalb des Regelunterrichts haben oder zu Wettkämpfen während der Schulzeit freigestellt werden. Dafür wird die Trainingszeit auf die Belegverpflichtung angerechnet, in der Regel eine Doppelstunde ab 16.00 Uhr – wie früher im Sportverein.

- Defizitförderung:
In den Klassen 5 und 6 werden Kleinstgruppen nach Testungen und Einschätzungen der Fachlehrkräfte gebildet, die in bestimmten Kernfächern Förderbedarf haben. Unterrichtet werden diese SchülerInnen durch angeleitete und gecoachte OberstufenschülerInnen aus dem Lernfeld Pädagogik. Es wird nur in maximal zwei Kernfächern gefördert. Der Förderunterricht hat Vorrang vor den Wahlangeboten im Freizeitbereich, nur bei entsprechenden zeitlichen Möglichkeiten kann beides belegt werden. In den Klassen 7 und 8 wird die Defizitförderung in Zusammenarbeit mit der Sprachlernkoordinatorin und entsprechenden Testungen dann durch Lehrkräfte durchgeführt.

- Begabtenförderung:
Nach Auswahl von geeigneten SchülerInnen durch die entsprechenden Fachlehrkräfte werden in den Klassenstufen 5 und 6 sowie 7, 8 und 9 so genannte ‚Profikurse’ eingerichtet, in denen gezielt Begabungsförderung, z.B. durch Wettbewerbsteilnahme stattfindet. Diese Stunden werden durch Lehrkräfte gegeben. Gegenwärtig gibt es zwei Mathematikclubs, zwei Kurse Experimentieren, einen Robotikkurs und die Schreibwerkstatt. Weiteres ist in Vorbereitung.

- Hausaufgaben – Betreuung für die Beobachtungsstufe:
Nach schlechten Erfahrungen an der eigenen wie auch an anderen Schule(n) mit offenen Angeboten (Besuch geht gegen Null) werden auf Grund der Nachfrage der Eltern verbindliche
und verlässliche Betreuungskurse eingerichtet, so dass die Eltern mit den Kindern zusammen die Tage festlegen können, an denen sie bis 16.00 Uhr in der Schule verbleiben. Dies geht aber nur bei einer gewissen Mindestteilnahme und ist dann verbindlich für ein halbes Jahr. Im Vordergrund steht die Betreuung von Hausaufgaben, es ist aber auch möglich zu lesen oder mit den MitschülerInnen Gesellschaftsspiele zu spielen. Diese Betreuungskurse werden stark nachfrageorientiert ausgerichtet sein.

Mit dieser Angebotspalette erhalten SchülerInnen und Eltern eine Gestaltungsmöglichkeit der ganztägigen Schule, so dass zwar der vorgeschriebene Rahmen erfüllt wird, innerhalb des Angebots aber die Möglichkeit besteht, z.B. einen freien Nachmittag (zusätzlich zum Freitag) zu haben, um anderen Aktivitäten auch im familiären Kontext nachgehen zu können. Beschränkend ist dabei nur die Lage von besonders attraktiven Kursen oder die Fördernotwendigkeit bei bestimmten Lernrückständen.


5. Wie sehen die Stundenpläne der Kinder und Jugendlichen aus?

Das hängt sehr von der Klassenstufe und vom Wahlverhalten ab. In der Regel haben die SchülerInnen zwei durch Unterricht bestimmte lange Tage, in der Klasse 5/6 gehen diese bis 15.15 Uhr, in der Klasse 7-10 gehen diese bis 16.00 Uhr. Die Möglichkeit am Kursprogramm teilzunehmen, besteht dann jeweils an den beiden anderen Tagen. Förderkurse liegen im Anschluss an das Unterrichtsprogramm. Am Freitag ist in der Regel nach der 6. Stunde ohne Mittagspause Schluss.


6. Wie sehen die finanziellen Bedingungen einer solchen Ganztagsschule aus?

Anders als die ‚normalen’ Gymnasien erhält das Goethe-Gymnasium zwar weitere Personalmittel für die zusätzliche Unterrichtung und Betreuung, allerdings ist nach den letzten Sparhaushalten des Hamburgischen Senats zwischen 2002 bis 2005 auch die personelle Ausstattung von Ganztagsschulen drastisch reduziert worden. Von den zusätzlich zu gebenden Stun-den sind somit nur noch 30% durch Lehrkräfte finanziert, der Rest durch Honorarkräfte bzw. Sozialpädagogen. In Hamburg gibt es von diesem neuen Typ gegenwärtig nur zwei Gymnasien, nämlich das Kurt-Körber-Gymnasium in Billstedt und das Goethe-Gymnasium in Lurup. Ein weiteres Ganztagsgymnasium (Klosterschule) ist noch nach der alten Form deutlich besser finanziert, wird aber schrittweise auf den gleichen Stand abgeschmolzen.